Dringender Aufruf: SNB und FINMA müssen mehr für Natur und Klima tun
Die Klima Allianz unterzeichnet gemeinsam mit über 90 Organisationen und Vordenker:innen aus der Wissenschaft einen vom WWF initiierten globalen Aufruf an Zentralbanken und Finanzmarktaufsichten. In einem am 7. September publizierten Bericht werden die Zentralbanken und Finanzmarktaufsichten aufgefordert die Klimaerhitzung und den Biodiversitätsverlust als Doppelkrise anzuerkennen und alle ihnen zur Verfügung stehenden geldpolitischen und Finanzmarktregulierungs-Instrumente zu nutzen, um diese Doppelkrise abzuwenden. Das erfordert koordinierte Massnahmen mit Fokus auf die schädlichsten wirtschaftlichen Aktivitäten, da diese auch das höchste finanzielle Risiko mit sich bringen. In der Schweiz appelliert der Aufruf besonders an die SNB und die FINMA, endlich aktiv zu werden. Diese sind zwar beide Teil des internationalen Netzwerks «Network for Greening Financial Systems». Ihre konkreten Massnahmen bezüglich Umgang mit der Klimaerhitzung und vor allem dem Biodiversitätsverlust sind bisher jedoch weitgehend unzureichend und zeugen von einem bornierten Festhalten an überholten Denk- und Handlungsmustern.
Noch vor kurzem sagte Thomas Jordan (Präsident des Direktoriums der Schweizerischen Nationalbank), dass es nicht der Job der SNB ist, den Klimawandel zu bekämpfen. Die Wirtschafts- und Abgaben-Kommission des Nationalrats hat den Bundesrat nun beauftragt darzulegen, inwiefern die SNB zu den Nachhaltigkeitszielen des Bundes beitragen kann. Dieses Postulat wird in Kürze beantwortet und als Bericht publiziert. Der Bundesrat hat die Möglichkeit, Herrn Jordan auf die wissenschaftliche Evidenz aufmerksam zu machen, dass die Doppelkrise ein substantielles Risiko für Finanz- und Geldwertstabilität darstellt und daher sehr wohl von der SNB, im Rahmen ihres bestehenden Mandats, bekämpft werden muss. Packt der Bundesrat die Chance nicht beim Schopf, legitimiert er die ideologisch fehlgeleitete Haltung der SNB und deren Führung und gefährdet damit unseren Wohlstand.
Es steht viel auf dem Spiel. Der WWF, die Klima-Allianz und die über 70 Mitunterzeichenden zeigen in ihrem Aufruf auf, was die Zentralbanken und Finanzmarktregulatoren innerhalb ihres Mandats machen müssten und stellen klar: es passiert bisher viel zu wenig. Die heutigen Umweltauswirkungen sind die morgigen finanziellen Risiken. Zentralbanken und Finanzmarktaufsichtsbehörden, die noch länger zuwarten und nicht sofort alles unternehmen, um die Klimaerhitzung und den Biodiversitätsverlust einzudämmen und zu bekämpfen, verunmöglichen, dass sie in der Zukunft ihr Mandat zur Sicherung der Preisstabilität und Finanzmarktstabilität gewährleisten können. Schon heute führen die vermehrten Dürren, stärkeren Stürme, erhöhte Abholzung, etc. zu stärkerer Inflation und jährlich höheren Kosten für Versicherungen.
Anstatt also darauf zu verweisen, dass man die Auswirkungen der Umweltkatastrophen weiter analysieren muss, sollte man sich dem wissenschaftlichen Konsens beugen. Der Klimawandel und der Biodiversitätsverlust werden sich weiterhin verstärken (selbst wenn man heute alles zur deren Bekämpfung in Gang setzt). Es ist auch logisch nachvollziehbar, dass es ohne Natur keine Wirtschaft, und ohne Wirtschaft kein Finanzsystem und ohne Finanzsystem keine Notwendigkeit für Zentralbanken und Finanzmarktaufsichten gibt. Ähnlich wie während der Finanzkrise 2007/2008 sollten Zentralbanken und Finanzmarktaufsichten unter der Prämisse agieren, dass ungenügendes Handeln oder Nicht-Handeln zwangsläufig zu Finanzkrisen und noch stärkerer Inflation führen. Das Vorsorgeprinzip verlangt demnach, dass man angesichts dieser Risiken alle Instrumente gebraucht, um bereits heute gegenzusteuern und so künftige Krisen zu verhindern.
Vergisst der Bundesrat dies in seinem Bericht zur Erfüllung des Postulats aus der Kommission für Wirtschaft und Abgaben zu erwähnen, liegt es am Parlament aktiv zu werden. Denn die SNB und der Bundesrat müssen dem Parlament Rechenschaft ablegen. Das Parlament muss auch sicherstellen, dass die SNB ihr Mandat effektiv umsetzt, was im Kontext der Klimaerhitzung und Biodiversitätskrise bedeutet, diese pro aktiv und entschlossen zu bekämpfen. Mit dem im September veröffentlichten Aufruf des WWFs und dem im Frühling publizierten Forderungskatalog der SNB-Koalition steht unseren Politiker:innen auf jeden Fall genügend Wissen zur Verfügung, das ihnen den Zugang zur Thematik und damit einen konstruktiven Dialog mit SNB ermöglichen würde.