Erst ein Bruchteil der Pensionskassen investiert klimaverträglich
In der Schweiz werden 92 Prozent des Vorsorgekapitals durch Institutionen angelegt, die Klimarisiken weitgehend ignorieren. Bloss 8 Prozent des Anlagevolumens stammt von Pensionskassen, die ihre Ziele auf das Pariser Klimaabkommen ausrichten. Die Klima-Allianz hat 110 Vorsorgeinstitutionen einem Rating unterzogen.
Das Resultat ist besorgniserregend: So steht die Ampel bei 57 Prozent des Vorsorgekapitals auf Rot, weil die Vorsorgeeinrichtungen im Anlageprozess Klimarisiken gar nicht berücksichtigen und nach wie vor stark in fossile Energie investieren. Es sind vorab die Grossen der Branche: Suva, AHV-Fonds und die Pensionskassen der UBS und der Credit Suisse. Noch nicht auf Kurs sind aber auch die SBB und die Post mit ihren Pensionskassen, obschon sie sich als Unternehmen für Klimaschutz einsetzen. Bei weiteren 35 Prozent der Spargelder steht die Ampel auf Orange: die Anleger stehen erst am Anfang des erforderlichen Pfades zur Dekarbonisierung. Meist wurden nur wenige Kohlefirmen ausgeschlossen.
Erst für 8 Prozent des Anlagevolumens steht das Klima-Rating auf Grün, was bedeutet, dass diese Pensionskassen ihre Investitionen auf die Ziele des Pariser Klimaabkommens ausgerichtet haben. Dieses verlangt, die globale Erhitzung auf deutlich unter 2 Grad zu begrenzen. Die Schweiz hat das Abkommen auch mitgestaltet und ratifiziert.
Insgesamt werden somit 92 Prozent des Vorsorgekapitals von Institutionen angelegt, die Klimarisiken im Anlageprozess nicht oder nicht genügend berücksichtigen. Darunter sind auch Vorsorgeeinrichtungen von Firmen zu finden, welche sich als Unternehmen für Klimaschutz einsetzen. «Zwar bietet die Post einen klimaneutralen Versand an, und die SBB will ab 2030 klimaneutral sein. Über ihre Pensionskassen investieren diese beiden Unternehmen aber in Kohlekraftwerke und Erdölbohrungen – das ist ein Widerspruch», sagt Christian Lüthi, Geschäftsleiter der Klima-Allianz.
Fossile Investitionen sind nicht nur für das Klima ein Risiko, sondern auch für die Renten: «Der wirtschaftliche Niedergang der Kohle-, Erdöl- und Erdgasindustrie lässt auch die Spargelder dahinschmelzen», sagt Sandro Leuenberger, Verantwortlicher Finanzplatz der Klima-Allianz. Die Vorsorgeeinrichtungen setzten sich so der Gefahr aus, ihre treuhänderische Sorgfaltspflicht zu verletzen.
Klimaverträgliches Investieren ist jedoch möglich, wie zum Beispiel die Pensionskassen der Migros, des Kantons Luzern sowie der Bâloise Versicherung zeigen. Sie nutzen längst verfügbare Instrumente wie klimafreundliche Börsenindizes und marktgängige Nachhaltigkeitsfonds. In Übereinstimmung mit dem gesetzlichen Gebot, marktübliche Renditen bei maximaler Sicherheit zu erwirtschaften, verschieben sie das Kapital von den fossilen Unternehmen zu den Trägern der Klimawende.
Medienecho
NZZ am Sonntag, 31. 10. 2020
24heures (Vaud), 1.11.2020
Tribune de Genève, 1.11.2020
Investment & Pensions Europe, 13.11.2020
Hintergrundinformationen
Finanzielle Klimarisiken und treuhänderische Sorgfaltspflicht:
Umfassende Studie zu den Klimarisiken: Kohlenstoffrisiken für den Finanzplatz Schweiz, BAFU (2015)
Die treuhänderische Sorgfaltspflicht der Pensionskassen gilt für auch die finanziellen Klimarisiken: Rechtsgutachten Niederer Kraft Frey für die Klima-Allianz (Oktober 2018)
Zwei Beispiele für Nachhaltigkeitspioniere
Migros Pensionskasse: In Umsetzung ihrer Klimastrategie weisen die Aktien- und Obligationenportfolien seit Frühjahr 2020 eine um 30% geringere CO2-Intensität auf als die massgebenden Welt-Referenzbenchmarks.
Luzerner Pensionskasse LUPK: Begründet auf ihre Nachhaltigkeits- und Klimastrategie weisen die Aktien- und Obligationenanlagen der LUPK seit Frühjahr 2019 eine um 30 Prozent geringere CO2-Intensität auf als die marktüblichen Referenzindizes.